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13. Dezember 2022

Ohne Strafen – geht das?

Ohne Strafen – geht das?

In diesem Artikel geht es ebenso, wie im letzten Blog-Artikel um das Thema Strafen. Es ist ein großes Thema, daher möchte ich hier nochmals tiefer eintauchen!

Es gibt diese Situationen, in denen dein Kind so schwierig ist, immer „Nein“ sagt oder nicht kooperiert und dich gefühlt dazu zwingt eine Strafe anzudrohen, weil es einfach nicht hört. Das macht echt hilflos…

Wenn wir hilflos werden oder es in unserer Familie schwierig wird, dann neigen wir oft dazu die Verantwortung nicht zu übernehmen und sie an unsere Kinder zu delegieren.

Was meine ich damit?

Dazu möchte ich eine Aussage von Jesper Juul zitieren. Diese Aussage habe ich vor vielen, vielen Jahren gelesen und sie hat mich sehr wach gerüttelt:

„In allen Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern sind ausschließlich wir Erwachsenen für die Qualität des wechselseitigen Umgangs miteinander verantwortlich. Diese Verantwortung für die Art und Weise, wie in der Familie miteinander umgegangen wird, kann weder auf die Kinder übertragen, noch mit ihnen geteilt werden. Sie liegt ausschließlich bei uns Eltern und ist mit unsere größte Verantwortung.“

Es ist wirklich sehr wichtig, uns das immer wieder bewusst zu machen. Also bewusst zu schauen, warum es jetzt gerade nicht klappt und warum du dich immer wieder dabei ertappst, dass du eine Strafe androhst: „Wenn du jetzt nicht mitmachst, dann gehe ich alleine.“

Was passiert hier?

Schauen wir von oben oder außen auf die Situation, dann ist es so, dass allermeistens unsere Bedürfnisse aufeinander prallen. In einer Familie mit einem oder mehreren Kinder und zwei Erwachsenen, prallen selbstverständlich Bedürfnisse aufeinander.
Die Frage ist, wie kannst du damit umgehen? Wie nimmst du es wahr, wenn dein Kleiner die Blumenerde ausgraben will!? Oder den Schrank ausräumen will, weil er gerade ein Forscher und Entdecker ist. Dort liegen aber deine Lieblingspullis und es ist DEIN Bedürfnis, dass sie nicht ausgeräumt werden und das du dort Ordnung hast. Dein Kleiner möchte aber erforschen und entdecken.

Oder deine größere Tochter möchte noch ein Hörbuch anhören oder nochmal ein Video anschauen. Du findest aber: „Nein, es reicht jetzt“. Du möchtest genug Zeit haben für das Abendprogramm, das gemeinsame Essen und das Zu-Bett-geh-Ritual. Es sind hier also „nur“ zwei Bedürfnisse, die miteinander in Konflikt kommen.

Wenn du eine Strafe androhst, ist es wichtig, bei dir zu spüren, ob ein Bedürfnis bei dir nicht erfüllt ist oder ob du gestresst, in Eile oder einfach nur hilflos bist.

Was passiert aber bei Strafen? Es ist sehr wichtig darauf nochmal ein Augenmerk zu legen. Was passiert, wenn du mit Strafe drohst oder dein Kind bestrafst?

 

Kinder empfinden Strafen immer als ungerecht und fühlen sich ohnmächtig! Das erzeugt zusätzlichen Stress im System.

Strafen ist Manipulation und schwächt eure Beziehung. Denn beim Strafen respektiert dein Kind weder dich noch die Grenze (oder Regel) oder deine Bedürfnisse, sondern es fürchtet die Strafe und gehorcht aufgrund dieser Angst. Nicht weil es mit dir in Verbindung ist oder kooperieren möchte. Es respektiert aus Angst vor der Strafe, das was du vorgibst.

Was kann ich anders machen, wenn ich nicht strafen möchte?

 

Zuerst möchte ich dich einladen, deine Wenn-dann-Sätze zu ersetzen. Das musst du sehr wahrscheinlich üben, weil das Selbstläufer sind.
Anstatt: „Wenn du jetzt nicht mitgehst, dann verpassen wir wegen dir den Bus und dann gibt es keine Gute-Nacht-Geschichte…“, könntest du sagen: „Ich möchte jetzt gehen, denn ich möchte den Bus noch erreichen.“
Wenn dein Kind sehr blockiert, könntest du sagen, „Ich schnappe dich jetzt und trage dich und wir müssen ein kurzes Stück rennen, weil der Bus sonst weg ist und ich möchte ihn nicht verpassen!“

Es braucht deine Klarheit und deinen Respekt für deine eigenen Bedürfnisse. Es braucht das Überzeugt-sein, von dem, was du sagst. Gleichzeitig braucht es die Verbindung mit deinem Kind, um dich immer wieder in die Welt deines Kindes hineinzuversetzen, damit du vielleicht bemerkst: „Oh, jetzt bin ich zu schnell.“

Auch müssen wir oft eine geduldige „Wanderführerin“ bzw. „Wanderführer“ sein und Dinge, Regeln und Grenzen wiederholen, und nochmals wiederholen, und nochmals wiederholen…

Noch ein Wort zu den Macht-Umkehr-Bindungsspielen im Aware Parenting:
Es ist zusätzlich sehr hilfreich regelmäßig Macht-Umkehr-Spiele zu spielen, um die Ohnmacht und Fremdbestimmung, denen Kinder oft ausgesetzt sind, zu begegnen. Sie sind eine sehr gute Möglichkeit einen Ausgleich zu schaffen zur Ohnmacht deines Kindes.

Und hab keine Angst vor der Reaktion deines Kindes auf dein NEIN oder eine Grenze:
Im Aware Parenting sprechen wir von einer liebevolle Grenze, im Sinne von: Wenn dein Kind wütend wird und nicht damit einverstanden ist, mit dem was gerade dran ist, dann darf es traurig und wütend sind und du kannst diese Gefühle begleiten. Oftmals nutzt dein Kind dein NEIN oder deine Grenze, für einen sogenannten „broken cookie“, also einen Wutanfall aufgrund deines Stopps oder dieser Grenze oder einer anderen „Kleinigkeit“, um seinen Stress durch sein Weinen oder den Wutanfall entspannen und entlasten zu können.

Nun hoffe ich, dass dich meinen Gedanken heute gut gefüllt haben und du neu oder anders auf die nächste NEIN-Situation in deinem Alltag reagieren kannst.

Alles Liebe, deine Anke

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