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Stillen und Trösten

Immer wieder taucht in meinen Beratungen (Anke Eyrich) die Frage auf: Ist Stillen neben der Nahrungsaufnahme nicht auch wichtig zur Beruhigung, nährend für die Bindung und zum Trösten? Ja, Stillen ist wichtig für Nahrung und Bindung. Es ist allerdings nicht der beste und oft nicht der hilfreichste Weg für Beruhigung und Trösten. Warum das so ist, möchte ich in diesem Artikel gern erklären!

Ein Gedanke vorneweg: Mamas zu empfehlen, bei jedem Weinen das Baby zu stillen, vermittelt die Botschaft, nur eine gute Mutter zu sein, wenn Dein Baby NICHT weint. Das belastet Mamas – und Papas – sehr und macht einen immensen Druck, Weinen immer möglichst sofort zu stoppen!

Im Aware Parenting geht es um Bindung und um die starken Gefühle bei Kindern

Im Aware Parenting geht es um Bindung – UND – gleichzeitig um die starken Gefühle bei Kindern. Hierbei fällt mir auf, dass bedürfnisorientiertes Stillen eben auch dazu führen kann, dass das Bedürfnis des Babys nach entlastendem Weinen nicht erfüllt wird.

Was meine ich damit?
Wenn Mamas immer stillen, sobald das Baby weint, kann dies dazu führen, dass Babys fast permanent an der Brust sind. Oder es führt mit der Zeit dazu, dass sie nur an der Brust beim Stillen einschlafen. Das überfordert auf der einen Seite die Mamas sehr und auf der anderen Seite übergeht es die Tatsache, dass die Babys sehr viele verschiedene Bedürfnisse haben.

Es ist wichtig, im Blick zu haben, dass das Weinen bei Babys unterschiedliche Botschaften hat: Ich habe Hunger. Ich brauche eine frische Windel. Mir geht es nicht gut. Ich brauche Nähe. Ich möchte etwas erzählen, usw. Und auch die Botschaft: Ich möchte mich durch das Weinen von meinem Stress entlasten.

Herauszufinden, was das Baby mit seinem Weinen mitteilt, ist nach der Geburt eines Babys oft ein wochenlanger Prozess für die Eltern. Auch beim zweiten, dritten, vierten Kind müssen Eltern dies wieder neu herausfinden, weil nun mal jedes Kind anders ist.
Ist es jetzt Hunger oder ist es entlastendes Weinen? Ist es Deinem Baby langweilig und es möchte Anregung haben oder möchte es sich durch sein Weinen von seinem Stress befreien? Ist ihm zu heiß oder zu kalt oder ist Dein Baby am Weinen, weil es reizüberflutet ist und möchte es dies mit seinem Weinen mitteilen und sich so davon entlasten?

Für mich gibt es einige Achtsamkeits-Momente bezüglich des Weinens und Stillens:
Wird ein Baby immer gestillt, wenn es weint, bekommt es neben dem Trost an der Brust auch die Botschaft, dass es Nahrung bekommt, wenn es eigentlich weinen möchte. Bitte lies hierzu beim WEINEN nach, denn für Menschen – ob kleine Babys oder große Erwachsene – ist unser Weinen eine unserer wichtigsten Möglichkeiten, uns von Stress zu entlasten. Wenn es durch sein Weinen erzählen möchte, dass beispielsweise heute zu viel los war oder dass es reizüberflutet ist, dass es die Untersuchung beim Arzt schrecklich fand, dass es beim Einkaufen zu hektisch war … und so weiter… ist es wichtig, ihm dabei zuzuhören, anstatt es mit Nahrung oder durch Saugen zu „beruhigen“.
Wenn sich das Baby durch das Stillen kurzfristig beruhigt, aber sofort oder bald nach dem Wegnehmen von der Brust oder beim Einschlafen wieder weint, zeigt dies in den meisten Fällen, dass es nicht wieder Hunger hatte, sondern eigentlich „erzählen“ und sich so von seinem Stress mit Hilfe seines Weinens entlasten wollte.

Stillen kann trösten. Es stillt auch das Bedürfnis nach Nähe, Körperkontakt und Bindung.
 Manchmal macht es Dein Baby aber auch „still“, wo es doch lieber weinen möchte. Hartnäckige Babys lassen die Brust los und schreien oder wachen nach dem Einschlafen an der Brust sehr bald wieder auf und weinen erneut.

Hör Deinem Baby zu!

Spätestens hier empfehle ich Eltern: Hör Deinem Baby zu! Sei Dir sicher, Du bist eine gute Mutter, ein guter Vater, auch wenn Dein Baby weint, denn Du bist bei ihm und hörst ihm zu! Dein Baby braucht immer Deine liebevolle Aufmerksamkeit, wenn es weint, aber es braucht nicht immer Deine Brust. Jede auf dem Körper der Eltern geweinte Träne ist ein Heilungsprozess und das gilt für die Mama genauso wie für den Papa, ganz unabhängig von der Brust. Dein Kind weiß: „Mama und Papa lieben mich, auch wenn ich weine und mal nicht so gut drauf bin. Ich kann ihnen alles erzählen.“

Stillen in dieser Achtsamkeit für die Bedürfnisse Deines Babys führt nicht dazu, dass es Dein Baby „still macht“. Es stillt in einem Moment seinen Hunger und sein Bedürfnis nach Kontakt und Nähe. Und in einem anderen Moment kann es sich mit seinem Weinen, das von Dir achtsam begleitet wird, von seinem Stress entlasten. Und was ist schöner, als wenn uns einfach jemand zuhört, wenn wir aus den Tiefen unserer Seele erzählen.

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