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Spielen – Attachment Play

Spielen ist mit das wichtigste Lebenselixier für Kinder und trägt unmittelbar zu ihrem gesunden Aufwachsen und Entwickeln bei.

Spielen wir Eltern mit unseren Kindern so nährt und stärkt dies eine sichere Eltern-Kind-Bindung. Außerdem macht Spielen Spaß – lässt uns lachen und trägt so zur Entspannung und zum Abbau von Stress bei.

Im Attachment Play des Aware Parenting gibt es 9 Bindungsspiele, die von Dr. Aletha Solter in ihrem Buch „Spielen schafft Nähe“ zu finden sind:
In diesem Buch sind Spiele beschrieben, die dazu beitragen, Stress abzubauen, die Bindung zu ihrem Kind zu festigen, Verhaltensprobleme auszuhebeln und gleichzeitig die Fröhlichkeit bei allen Beteiligten zu fördern. Sie werden entdecken wie leicht es sein kann, positiven Einfluss auf das Verhalten Ihres Kindes zu nehmen, und zwar ungeachtet seines Alters und ohne Strafen anzuwenden.“ (Spielen schafft Nähe, Kösel 2015, S. 9)

„Mama komm spiel mit mir“ „Papa, ich will spielen“ wie oft hören wir Eltern diese Bitte unserer Kinder? Sie laden uns zum Spielen ein, weil sie sich mit uns verbinden wollen und weil sie intuitiv wissen, wie wichtig dieses Verbinden, diese Bindung zu uns ist – überlebensnotwendig eben – daher ihre unermüdliche Aufforderung zum Spielen.

Warum ist es auch für uns Eltern so wichtig, mit den Kindern zu spielen? Im Spielen repariert sich unsere Bindung, sie festigt sich, wir Großen kommen im Hier und Jetzt (der Kinder) an und spüren uns wieder gegenseitig. Das ist nährend, entspannend und heilsam. Es gibt Sicherheit, das Hormon Oxytocin (unser Liebes- und Bindungshormon) wird ausgeschüttet und lässt uns alle gesünder leben und wachsen.

Hier die ersten 5 Bindungsspiele:

(1) Nicht-direktive, kindzentrierte Spiele

Hier sind Spielmaterialien, welche die Fantasie anregen wie Bausteine, Puppen, Knete hilfreich und ihr Eltern solltet unbedingt eurem Kind die Führung überlassen im gemeinsamen Spiel. Kinder erzählen hier oft in der Sprache des Spiels, was sie erlebt haben und verarbeiten es dadurch!
Der Einstieg ist hier einfach – mitspielen, ganz da sein und dich als Mama oder Papa führen lassen!

(2) Symbolspiele mit bestimmten Requisiten oder Themen

Hier ist mehr Führung von euch Eltern dabei, indem ihr eurem Kind bewusst bestimmte Spielmaterialien anbietet oder Themen aufgreift. Z.B. könnte ein Papa einen Hund nachspielen und wie verrückt bellen, wenn das Kind zuvor von einem Hund erschreckt wurde. Im Lachen über den bellenden Papa-Hund löst sich die Anspannung und Angst in eurem Kind.

Diese Spiele sind besonders wirksam um Traumata aufzuarbeiten und haben sich auch bewährt bei Verhaltensproblemen, wie etwa Toilettentraining oder Geschwisterrivalität beispielsweise im Rollenspiel mit Kuscheltieren.

(3) Kontingenzspiele

Schwieriges Wort – einfache Erklärung: Es sind Aktivitäten, bei denen sich das Verhalten von dir als Erwachsenen in Übereinstimmung mit dem Verhalten deines Kindes zuverlässig wiederholt. Zum Beispiel wirft dein Kind seine Puppe auf den Boden und als Mama sagst du immer „Autsch“ – das wiederholt sich unter Lachen deines Kindes immer wieder. Oder der Papa lacht beispielsweise bei einem Stups auf die linke Wange – bei einem Stups auf die rechte Wange zeigt er ein trauriges Gesicht.
Kontingenzspiele festigen die Bindung, fördern das Vertrauen und ein starkes Machtgefühl, vermitteln Akzeptanz und flößen dem Kind durch ihre Vorhersehbarkeit ein Gefühl der Sicherheit ein. Das Lachen, das sie hervorrufen, trägt zum Abbau der inneren Spannungen bei, (…) Diese Aktivitäten wirken dem chronischen Gefühl der Machtlosigkeit entgegen, das alle Kinder bisweilen überkommt, weil sie Erwachsenen körperlich und geistig unterlegen sind.“ (ebd. S. 25/26)
Kinder heilen hier also ihre Ohnmachtsgefühle und sind im Spiel in der Führung – haben das Sagen, was sie sonst im Alltag meist zu wenig haben. Um das zum Ausdruck zu bringen, gehen sie oft in die Nicht-Kooperation oder anders benannt in eine Trotzhaltung. Dabei müssen Kinder sehr oft den Vorgaben von uns Erwachsenen folgen: „Jetzt gehen wir einkaufen“, „Wir ziehen um in eine andere Stadt oder Wohnung“, „heute musst du in den Kindi / in die Schule“, obwohl euer Kind lieber daheim bleiben würde.

(4) Nonsensspiele

Bei diesen Spielen geht es darum, Quatsch zu machen und lustig die Realität zu verdrehen, beispielsweise die Socken über die Hände oder die Hose über den Kopf zu ziehen. Es geht darum, absichtlich Fehler zu machen oder zu übertreiben und darüber zu lachen, weil es die Anspannung löst und Stress abbaut. Beim Hausaufgaben machen ein Gedicht absichtlich falsch aufzusagen oder die Wörter zu verdrehen oder beim Puzzlespielen ein Puzzle-Teil absichtlich falsch einzubauen – das alles sind Nonsensspiele. Sehr häufig laden uns die Kinder ein und wir Großen dürfen gerne mitmachen oder von unserer Seite her einladen. 

Übertreibungen aller Art gehören auch zu den Nonsensspielen oder auch das Erfinden von Quatschwörtern. Es geht hier wieder einmal ums Verbinden, Lachen und Entspannen!

(5) Trennungsspiele

Diese Spiele sind Euch sicher bekannt und vermutlich uralt: Verstecken – und Fangespiele.

Aletha Solter beschreibt es so: „Trennungsspiele helfen Kindern, spielerisch mit den alltäglichen Trennungssituationen umzugehen, die beispielsweise durch den Besuch des Kindergartens oder der Schule entstehen. Sie tragen außerdem zur Überwindung von Ängsten bei, die auf frühere traumatische Trennungen oder Verluste zurückzuführen sind. (…) Solche Spiel kommen auch Kindern zugute, die keine traumatischen Trennungen oder Verluste erlebt haben, jedoch unter einer imaginären Trennungs- oder Verlustangst leiden. Kinder können beispielsweise Verlustangst entwicklen, wenn die Eltern geschieden sind oder wenn sie von Entführungen gehört haben. In beiden Fällen kann das Lachen während des Trennungsspiels die Angst mindern“. (Spielen schafft Nähe S. 30 ff)

(6) Machtumkehrspiele

Bei den Spielen mit Machtumkehr geht es darum, dass wir Eltern vorgeben schwach, ängstlich, ungeschickt, begriffsstutzig, tollpatschig, wütend oder unbeholfen zu sein, also schwächer und hilfloser, als unser Kind. Wichtig ist, dass Dein Kind (oder Deine Kinder) immer als Gewinner aus diesen Spielen hervorgeht. Machtumkehrspiele sind oft lebhaft und bedürfen deshalb auch Sicherheitsregeln, die ihr in der Familie festlegen müsst und die ihr am besten vor jedem Machtumkehrspiel nochmals kurz wiederholt. Jede/r darf jederzeit Stopp sagen und alle bleiben sicher usw. … Ein sehr typisches Machtumkehrspiel ist die Kissenschlacht, bei dem die Eltern verlieren und fast nie treffen, vom Kind aber immer getroffen werden.
Kinder fühlen sich in ihrem Alltag oft machtlos oder hilflos. Die Machtumkehrspiele tragen deshalb dazu bei, das Ungleichgewicht zwischen Fremd- und Selbstbestimmung auszugleichen, den daraus resultierenden inneren Stress (durch Lachen, Spielen und Bewegung) abzubauen und die langfristige Kooperationsbereitschaft zu fördern. Aggressives Verhalten wird durch die lebhaften Spiele nicht verstärkt, im Gegenteil: Die Gewaltbereitschaft nimmt nach solchen Spielen merklich ab.  Denn Kinder dürfen jetzt ihre aggressiven Neigungen spielerisch mit Gelächter ausagieren und somit auch abbauen.

Weitere Spiele aus der Reihe der 9 Attachment-Play-Bindungsspiele folgen demnächst 😉

 

Hier gibt es noch einen Artikel von Anke zu Bindungsspielen und ihren heilsamen Auswirkungen auf die Beziehung zu Deinem Kind!